Mittwoch, 2. März 2016

Wo ist mein Star Wars?

Wo ist eigentlich das Star Wars das ich kannte? Das, mit dem ich aufgewachsen bin?
Es ist nicht mehr da... George Lucas hat es getötet. Langsam und mehr oder minder heimlich. Naja. Man könnte auch sagen: der Lucas hat's gegeben, der Lucas hat's genommen.
Als ich als 12 Jähriger das erste Mal den Titel mit dieser beeindruckenden Musik über den TV Bildschirm flimmern sah, war es sofort geschehen. Ich war verzaubert vom Krieg der Sterne. In den Filmlexiken wurde es als naives Weltraummärchen bezeichnet aber es war so viel mehr als das. Es war ein Abenteuer in einer Welt, die all das enthielt, das man sich immer irgendwo entfernt vorgestellt hat aber nie greifen konnte. Es war eine saubere Welt, wie eben in einem Märchen mit einer lebendigen Vergangenheit wie den sagenumwobenen Klon Kriegen und dem Mythos der Jedi Ritter.

Doch dann ist etwas passiert.
Oder eher vieles über einen langen Zeitraum. Es waren erst kleine, subtile Änderungen, dann wurden es immer mehr und schließlich war nichts mehr so wie einst.
Plötzlich schoss Han nicht mehr Greedo einfach über den Haufen, was ihn doch als "verrucht" darstellte. Da wurde eine sinnlose Bandeinlage in Jabbas Palast eingefügt. Die sagenumwobenen Klon Kriege waren in Wirklichkeit ein banales Gemetzel, Anakin Skywalker ist ein belangloser Junge, dargestellt von schlechten Schauspielern, dessen ganzen Fall zur dunklen Seite man nicht wirklich nachvollziehen konnte. Animationsserien für Kinder, übermächtige Jedi, die wie eine Mischung aus Kung-Fu Krieger und Superman Gegner zu hunderten nieder machen (aber von ein paar Clone Kriegern mal schnell erschossen werden wenn es heißt "Order 66"), die unsäglichste Gestalt, der ganzen Filme, die alles zu einer Witznummer macht namens Jar Jar Binks. Und das ist ja alles nur die Spitze des Eisbergs - es heißt ja jetzt auch nicht mehr Krieg der Sterne sondern Star Wars.

Was war geschehen? An welcher Stelle wurde Star Wars entzaubert und warum?
George Lucas ist eigentlich gar nicht so sehr das Genie, für das ihn alle halten. Moment! Bevor jetzt Stürme des Protests kommen: Er ist ein Genie. Aber eben nicht da wo man es vermutet. Lucas ist ein genialer Spezialeffekt Produzent. Er treibt Effekte voran. Er hat damit eine ganze Industrie revolutioniert und wir wären insgesamt, was die Computertechnik angeht auch nicht da wo wir heute sind, wenn Lucas nicht ILM gegründet hätte. Er hat mit Star Wars 1977 etwas ähnliches gemacht, wie bei einem Spezialeffekt, er hat uns eine Illusion vorgehalten und wir haben den Trick geglaubt. Aber in seiner Besessenheit des Perfekten ist er immer weiter gegangen, hat immer perfektere Tricks geschaffen. Doch er hat den Punkt verpasst, wo er aus der Illusion (Illusion in dem Sinne, dass vieles gar nicht umsetzbar war und nur angedeutet wurde, so dass der Zuschauer die Lücken mit Phantasie geschlossen hat) eine Realität (Realität indem er alles Mythische entzauberte und uns zeigte) gemacht hat und diese Realität dem ganzen mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Und vor allem, wenn die "neue" Realität Dinge Ermöglicht, die man nur macht, weil es eben machbar ist und nicht weil man es für die Geschichte braucht (wie Yoda komplett digital zu ersetzen in Ep2 und ihn in einen Kampf-Flummi zu verwandeln). Viele nennen das einfach die fehlenden "practical Effects" und meinen er hätte zu viel Green Screen verwendet. Doch das ist nicht alles, denn er hat auch die Mythen, die er selbst geschaffen hat entzaubert. Vader wurde ein Gesicht verliehen. Er hat die Clone Kriege dargestellt und den Jedis Macht gegeben. Dies alles waren Dinge, über die nur gesprochen wurde, die Obi wan erzählt hat und die deshalb für alle in der eigenen Vorstellung lagen. Lucas konnte auch vieles damals gar nicht darstellen und so ist es ihm ergangen wie Spielberg mit dem Weißen Hai, der kaputt war und deshalb im Film kaum vor kam. Es wurden Dinge in die Vorstellung der Zuschauer verschoben und dort nahmen sie eine eigene Gestalt an. Dann gab er ihnen eine Form und sie wurden entzaubert. Plötzlich war die Galaxie weit, weit entfernt gar nicht mehr die, die in unserem Geiste existierte.

Der späte Lucas
Ein weiterer Faktor ist dann natürlich noch das Alter. Lucas ist keine 30 mehr. Er ist doppelt so alt und hat entsprechend einen ganz anderen Blick auf das Leben, auf Geschichten und auf sein eigenes Star Wars. Dieses Star Wars unterscheidet sich von der Vorstellung des 30 jährigen. Die Ideen seines jüngeren ichs nimmt er mit und entwickelte sie weiter. Er hat offensichtlich einen wesentlich familiäreren Blick auf alles und produziert viel "Kinderkram" wie die Animationsserien. Auch Figuren wie Jar Jar Binks entstammen anscheinend einem Wunsch alles Kindgerechter zu machen. Und so ist Episode 1 auch ein netter Kinderfilm, dem viel Flair seiner vorangegangenen Nachfolger fehlt. Und noch ein weiteres Problem macht sich bemerkbar. Lucas, hat bei den Episoden 5 und 6 den Regiestuhl anderen überlassen. Und das war eine gute Entscheidung. Er ist ein überragender Produzent und Ideenlieferant. Das hat er zig mal bewiesen. Aber kaum etwas zeigt es so deutlich, dass die bessere Aufteilung immer war, dass er produziert und sein Freund Spielberg Regie führt wie die Indiana Jones Filme.

Die nächste Generation
Lucas war schon immer ein Merchandising Gigant. Er hat das Meiste Geld damit verdient und wusste es immer geschickt einzusetzen. Dann kam jedoch der Zeitpunkt zu dem er sich entscheiden musste was mit Star Wars passiert. Und es kam leider wie es kommen musste, wenn kein Nachfolger herangezogen wird, der das Imperium übernimmt: es wird verkauft. Und da gibt es nun einmal nicht viele die sich solch einen Coup leisten können. Der Disney Konzern ist einer der wenigen. Und wie Walt Disney als Erfinder des Merchandising voran ging, so schreitet sein Konzern, der leider viele der Werte und Tugenden seines Gründers hinter sich gelassen hat, voran und verkauft Star Wars an jeden der es haben will. Man steht da schon mal etwas verdattert im Supermarkt vor Star Wars Orangen und Luke Skywalker's Hot Wheel's Auto. Auch Filme werden uns in den nächsten Jahren immer mehr vorgesetzt werden. Klar. Disney hat eine Unsumme für die Rechte bezahlt und muss diese Kosten natürlich erst einmal wieder rein holen. Aber man gewinnt schond en Eindruck eine völligen Ausschlachtens der Lizenz. Das war unter Lucas noch etwas anders.
Abrahams hat versucht sich wieder an die originale Trilogie anzunähern, indem er auf bestimmte Dinge verzichtet hat. Keine überkandidelten Spezialeffekte (obwohl viel mehr Computeranimationen eingesetzt wurden, als den meisten bewusst sein dürften). Keine übermächtigen Jedi, die nichts stoppen kann und die Kung Fu mäßig Lichtschwerter Schwingen. Eine Story, die der von Episode 4 extrem ähnelt aber genug Raum belässt, sich in viele andere Richtungen weiter entwickeln zu können. Wir werden sehen, wohin das führt. Doch ich fürchte allein mit der mehrfachen Erweiterung der Originalen Trilogie und dem überbrodelndem Angebot an Star Wars Dingen ist es der heranwachsenden Generation nicht mehr möglich Star Wars so zu erleben wie wir - die erste Star Wars Generation - es erlebt hat. Als Zauber. Als Illusion. Als Märchen.

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