Freitag, 13. Juli 2012

Der Wiederverkauf von Spielen

Der Europäische Gerichtshof, die höchste Instanz der EU Rechtsprechung, hat geurteilt, dass ein Weiterverkauf von Software legal ist.
In dem Urteil, das sich auf eine Klage von Oracle gegen einen professionellen Wiederverkäufer bezog, urteilte der EuGH dass ein Einzelverkauf von Software uneingeschränkt legal sei und auch der Hersteller daran nicht mehr zu beteiligen ist.
Klingt ja erst einmal so, als dürften wir damit uneingeschränkt unsere Steam Spiele und iPhone Apps weiter verkaufen. Naja so ganz ist dem nicht so. Der deutsche BGH hat 2010 bereits geurteilt, dass eine Kopierschutzmaßnahme in Kauf genommen werden muss, sogar dann, wenn ein Weiterverkauf durch z.B. eine Kontenbindung dadurch unmöglich wird.
Beide Urteile widersprechen sich nicht. Denn Theoretisch wäre es technisch möglich, die Kontenbindung zu übertragen auch wenn der EuGH sich dazu nicht weiter geäußert hat - im Oracle Urteil ging es auch um nicht Kopiergeschützte Software.

Was könnte das nun für Spiele bedeuten? Nichts, meint Valve, die keinen Grund sehen an ihrem Geschäftsmodell etwas zu ändern. Das wird auch so lange so bleiben, bis es eine Klage gibt, die dem EuGH abnötigt die beiden Urteile miteinander in Einklang zu bringen.
Was uns das Urteil jedoch sicher sagt, ist dass die Hersteller kein Nutzungsrecht verkaufen, wie von ihnen in den letzten Jahren immer wieder propagiert, sondern die Software selbst verkauft wird. Damit wird immerhin an diesem Punkt schon einmal Klarheit geschaffen und zwar zu Gunsten des Käufers.

Wie sich das weiter auswirkt, dazu kann es nun verschiedene mögliche Szenarien geben. Einerseits kann einfach alles so bleiben wie es ist. Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber vermutlich wird irgendwann jemand den Vorreiter machen und Steam darauf verklagen, sein Recht zum Wiederverkauf von Software nicht ausüben zu können. Und dann wird es spannend. Einerseits wie das genaue Urteil aussieht, andererseits, wie die Industrie darauf reagiert.

Das Gericht hat zwei Dingen einen Riegel vorgeschoben. Einerseits dem, dass kein Nutzungsrecht verkauft wird andererseits, dass der Hersteller nicht mehr am Wiederverkauf zu beteiligen ist. Damit ist Software so zu behandeln wie ein Auto Gebrauchtwagen. Ein Modell in dem bspw. bei jedem Wiederverkauf der Hersteller noch einmal einen Obolus verdient scheidet damit aus.
Die Argumentation, dass die Software im Gegensatz zu Autos aber nicht "schlechter" wird, keine Abnutzungserscheinungen hat bleibt allerdings bestehen und muss im Prinzip als korrekt angesehen werden. Die Hersteller versuchen das ja bereits mit kostenfreien DLC's zu kontern. Das wird dann aber nicht mehr funktionieren, immerhin kann der DLC auch weiter verkauft werden.

Die Hersteller könnten also dazu über gehen, ihre Spieler einfach gar nicht mehr zu verkaufen sondern nur noch zu streamen. Gaikai ist ja bereits von Sony gekauft worden. Wer weiß ob nicht die Playstation irgendwann nur noch Gaikai installiert hat und Spiele müssen für ein Entgeld gemietet werden, ähnlich wie bei einer Videothek. Du willst drei Tage spielen, zahle drei Euro. Eine Entwicklung die mir persönlich völlig wiederstrebt. Ich will meine Spiele auf meiner Festplatte haben, die dann spielen können wann ich will und nicht dann wenn der Server online ist und funktioniert und vor allem auch dann noch wenn der Hersteller Pleite ist oder die Server nicht mehr betreiben will.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Hersteller ein Schlupfloch finden, um doch noch an den Gebrauchtspielen zu verdienen. Steam zum Beispiel könnte sagen, dass eine Gebühr fällig wird, wenn die Lizenz einem anderen Konto übertragen wird, genauso der Hersteller, der die Daten in seiner Datenbank ebenfalls abgleichen muss. Macht dann mal 15 Euro, die der nächste Käufer zusätzlich zu tragen hat.
Ein anderes Szenario wäre, dass der Hersteller das Spiel selbst zurückkauft. EA bspw. könnte anbieten für jedes Gebrauchtes Spiel einen Gutschein von 10 Euro für andere EA Spiele auszustellen. Sie selbst müssten die gebrauchten Spiele dann ja nicht weiter verkaufen sondern würden sie nur vom Markt nehmen. Können natürlich nur größere Publisher machen, die auch was anzubieten haben. Und damit würde der Preis ggf. von Anfang an steigen, da sie versuchen, den Rückkauf gleich mit einzuberechnen und an den Kunden weiter zu geben.

Wie auch immer es ausgehen wird, es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für eine kreative Idee, bevor ein Gerichtshof die Möglichkeit des Weiterverkaufs anordnet und Apple, Steam, Origin und wie sie alle heißen die Reißleine mit einer abstrusen Idee ziehen, die den Kunden nur noch weiter gängelt.
Letztlich muss man sich auch einmal vergegenwärtigen, dass Gebrauchtspiele im Gegensatz zu Oracles Software einen begrenzen Unterhaltungswert bieten. Eine Oracle Datenbank brauche ich so lange ich die Datenbank nutzen will. Ein Spiel unterhält mich eine Zeitspanne und danach ist es quasi uninteressant. Die Halbwertszeit ist also viel kürzer. Die Gebrauchtspiele sind auch nichts auf das die Hersteller ursprünglich einen Anspruch hatten. Sie haben lediglich vor einigen Jahren gesehen, dass ihr Produkt noch einmal veräußert wird, ohne dass sie daran verdienen und haben versucht dem einen Riegel vor zu schieben. Eigentlich müsste man ein Computerspiel genau so behandeln wie eine DVD. Aber vielleicht bekommen wir Filme zukünftig auch nur noch gestreamed oder müssen sie mit einem Konto zuerst an uns persönlich binden, bevor uns der Blu-Ray Player erlaubt sie abzuspielen.

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